Ergebnisse
„Menschen in Deutschland: International“: Ergebnisse aus der Dritten Wille im April 2023
Die dritte Welle der Online-Befragung „Menschen in Deutschland: International“ (MiDInt) fand vom 25. April bis 16. Mai 2023 statt. Dabei konnten n=3 426 Personen erreicht werden, von denen verwertbare Daten vorliegen.
Eine Überprüfung der soziodemographischen Merkmale der erreichten Stichprobe zeigt, dass diese Ergebnisse für die deutschsprachige erwachsene Bevölkerung in Deutschland als annähernd repräsentativ einzustufen sind. Die Stichprobe der dritten Erhebungswelle entspricht von ihrer Qualität her in weiten Teilen dem, was auch in der ersten und in der zweite Welle erreicht werden konnte. Insofern sind Vergleiche zu zeitlichen Veränderungen auf Grundlage dieser beiden Datenquellen ohne nennenswerte Verzerrungen möglich.
Für weitere Informationen zu der erreichten Stichprobe und zu dem in dieser Erhebungswelle verwendeten Befragungsinstrument siehe:
Richter, T., Brettfeld, K., Wetzels, P. Kleinschnittger, J. & Farren, D. (2023). Menschen in Deutschland: International (MiDInt) Untersuchungsdesign, Stichprobe, Erhebungsinstrument und Codebuch zu Welle 3 (April/Mai 2023). MOTRA-Forschungsbericht No. 9 aus dem Institut für Kriminologie an der Fakultät für Rechtswissenschaft. Hamburg: Universität Hamburg. https://doi.org/10.25592/uhhfdm.12625
Ergebnisse zum Thema: Einstellungen zu Demokratie und Verbreitung von Autokratieakzeptanz vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen und wirtschaftlicher Probleme
Ähnlich wie in der ersten und der zweiten Erhebungswelle zu MiDInt wurden auch in der dritten Welle Besorgnisse in der Bevölkerung thematisiert, die eng mit Entwicklungen in Zusammenhang stehen, die weltweit und damit nicht begrenzt auf Deutschland zu beobachten sind. Beispiele für solche internationalen, grenzüberschreitend relevanten Entwicklungen sind die COVID-19 Pandemie, die immer noch Nachwirkungen zeigt, der Krieg in der Ukraine und dessen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen für Deutschland, der weltweite Klimawandel und dessen Konsequenzen sowohl mit Blick auf Überschwemmungen, Dürren oder Hitzewellen aber auch für damit verbundene Sorgen in Bezug auf künftige Lebensmöglichkeiten und gden Alltag der Menschen, die zunehmende Migration und Fluchtbewegungen nach Europa und Deutschland sowie die ganz aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen sowohl mit Blick auf die Gesamtwirtschaft als auch in Bezug auf deren Niederschläge im Hinblick auf Probleme und Einschränkungen bei der Sicherung der Erfüllung alltäglicher Grundbedürfnisse.
Ein solche Gemengelage, das Zusammentreffen weltweiter Krisenphänomene, kann auf nationaler Ebene zu einer Reihe in ihrer Zusammenballung neuartiger und durchaus gravierender gesellschaftlicher Herausforderungen führen, die Menschen zum Teil mit Sorge betrachten bzw. denen sie ratlos gegenüberstehen. Es handelt sich zudem um Phänomene, die auch mit erheblichen wirtschaftlichen Belastungen verbunden sind. Diese können soziale Verwerfungen verschärfen bzw. neu entstehen lassen und darüber auch den sozialen Zusammenhalt in Frage stellen. Das kann für die politische Kultur - insbesondere für die Akzeptanz einer freiheitlichen Demokratie und ihrer Institutionen – unter Umständen sehr folgenreich sein. Die damit angesprochenen Themen waren wichtige Gegenstände der Erhebungen in der dritten Welle der MiDInt-Studie.
Die ersten Ergebnisse zeigen, dass solche aktuellen gesellschaftliche Herausforderungen, die in Zusammenhang mit internationalen Entwicklungen stehen, tatsächlich für eine große Mehrheit der Bevölkerung mit erheblichen Besorgnissen verbunden sind.
So erklärten 61.7%, dass sie wegen möglicher weiterer Preisanstiege „sehr besorgt“ sind. Ein Rückgang der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft bereitet mit 28.1% deutlich weniger Menschen große Sorgen. Das Ausmaß des Zuzugs von Flüchtlingen besorgt 44.8% sehr. Nur wenig geringer sind die Besorgnisse wegen der Folgen des Klimawandels (32.3% sind hierüber „sehr“ und 41.7% „etwas“ besorgt). Unter Einbeziehung der Kategorie „besorgt mich etwas“ äußerten in allen fünf erfassten Problembereichen jeweils mehr als 60% der Befragten Sorgen.
Je mehr verschiedene Besorgnisse die Befragten gleichzeitig erleben, desto stärker sind zudem auch ihre Zweifel daran, dass unsere Demokratie in der Lage ist, die Probleme zu bewältigen, vor die unsere Gesellschaft sich gegenwärtig gestellt sieht. Zwar befürwortet eine große Mehrheit von über 70% die Demokratie grundsätzlich als beste Staatsform. Zugleich sind aber nur 17.6% auch völlig davon überzeugt, dass mit der Demokratie die aktuellen gesellschaftlichen Probleme erfolgreich gelöst werden können. Skepsis mit Blick auf die Problemlösefähigkeit der Demokratie artikulieren 34.3%.
Dies steht auch im Zusammenhang mit dem Grad der von den Befragten erlebten Besorgnisse. Personen, die in Bezug auf zwei oder mehr Herausforderungen starke Besorgnisse äußern, glauben zu 39.9% nicht, dass die Demokratie zur Problemlösung geeignet ist. Personen, die sich nur über eine oder gar keine der erfassten gesellschaftlichen Herausforderungen starke Sorgen machen, zeigen eine solche Skepsis nur zu 27.1%, also deutlich seltener.
Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Lage sind zudem fast ein Drittel der Befragten (31.5%) zudem bereit, zentrale Elemente der Demokratie, wie kontroverse Debatten, parlamentarische Kontrolle oder Gewaltenteilung einzuschränken oder zugunsten einer vermeintlich effektiveren autoritären politischen Führung aufzugeben.
Eine solche Autokratieakzeptanz findet sich bei Personen aus dem gesamten politischen Spektrum. Diese Raten unterscheiden sich zwar zwischen den über die sogenannte Sonntagsfrage erhobenen Parteipräferenzen. Sie liegen zwischen 14.8% bei den Wählern von Bündnis 90/Die Grünen und 50.1% bei den Wählern der AfD. Damit ist Autokratieakzeptanz offenkundig nicht auf den rechten Rand beschränkt. Auch unter eher gebildeten Personen mit Abitur findet sich eine Rate von 23.5%. Diese Quote ist bei Personen mit geringer Bildung mit 37.4%$ zwar deutlich erhöht. Gleichzeitig kann aber keine Rede davon sein, dass Autokratieakzeptanz auf weniger gebildete Teilgruppen beschränkt sei. Die Befunde zeigen, dass Autokratieakzeptanz in alle gesellschaftlichen Teilgruppen hineinragt.
Besondere Wirkungen gehen dabei von Erwartungen aus, in nächster Zeit persönlich wirtschaftliche Einschränkungen im Bereich der Erfüllung von Grundbedürfnissen wie Wohnung, Energieversorgung, Arbeit oder der Versorgung mit Lebensmitteln erleben zu müssen. 61.1% halten es für „wahrscheinlich“ oder „sehr wahrscheinlich“, sich in den kommenden 6 Monaten beim Einkauf von Grundnahrungsmitteln einschränken zu müssen. Ein Drittel (34.9%) geht davon aus, in absehbarer Zeit Heizung und Strom nicht mehr bezahlen können; 24.0% erwarten, dies mit Blick auf ihre Miete. Knapp ein Fünftel (18.3%) vermutet, im nächsten halben Jahr den Arbeitsplatz zu verlieren. Damit sind Erwartungen persönlicher wirtschaftliche Belastungen bei Grundbedürfnisse sehr weit verbreitet.
Mehrfachbelastungen im Sinne der Erwartung solcher Einschränkungen sind dabei die Regel. Nur 34.5% der Befragten erwarten keine solchen Einschränkungen, 27.2% halten eine der Einschränkungen für wahrscheinlich und weitere 14.0% befürchten, dass zwei solche wirtschaftlichen Belastungen bei ihnen eintreten. 14.1% erwarten drei solche individuellen Einschränkungen und 10.2% gehen davon aus, dass alle vier Einschränkungen bei ihnen wahrscheinlich sind.
Je höher die Anzahl dieser erwarteten Belastungen ausfällte, desto ausgeprägter ist auch die Autokratieakzeptanz. Bei Personen ohne solche Belastungen liegt sie bei 21.5% während diese Rate bei vier Belastungen 55.9% beträgt.
Sofern zusätzlich Entscheidungsträger in unserer Gesellschaft subjektiv als unfähig wahrgenommen werden, die zentralen Probleme zu bewältigen, ist die Wahrscheinlichkeit der Befürwortung autokratischer politscher Strukturen nochmals deutlich erhöht. Ohne eine solche subjektive Einschätzung der Entscheidungsträge als inkompetent und unwillig, die aktuellen Problem zu lösen und ohne die Erwartung künftiger wirtschaftlicher Einschränkungen liegt die Rate der Autokratieakzeptanz bei 10%. Werden jedoch die Entscheidungsträger in diesem Sinne für unfähig erachtet, steigt auch ohne die Erwartung künftiger wirtschaftlicher Einschränkungen diese Rate auf 27.8% an. Im Falle multipler Belastungen liegt die Rate der Autokratieakzeptanz hingegen, sofern zugleich die Entscheidungsträger als inkompetent eingestuft werden, bei 57.8%.
Angesichts der Verbreitung von Autokratieakzeptanz über das gesamte politische Spektrum sollte diese hohe Verbreitung von Autokratieakzeptanz in Höhe von 31.5% der Bevölkerung nicht mit einem entsprechend hohen Maß an Rechtsextremismus gleichgesetzt werden. Es handelt sich vielmehr um kriseninduzierte Tendenzen einer Aushöhlung des Vertrauens in demokratische Strukturen und Prozesse, die als Versuche der Bewältigung von Unsicherheit durch eine Hinwendung zu vermeintlich besonders kompetenten, Sicherheit bietenden Autoritäten zu verstehen sind. Die politische Herausforderung besteht darin, der hier bestehenden Gefahr zu begegnen, dass rechtsextreme und antidemokratische populistische Organisationen im unmittelbaren Lebensalltag von Bürgern daran gut anknüpfen können, um ihre Basis zu verbreiteren und ihre politischen Ziele zu verfolgen. Insofern ist hier eine wichtige Zielgruppe für die Extremismusprävention zu lokalisieren.
Für weitere Informationen zu diesen Ergebnissen siehe:
UHH Spotlight No. 7 (2023). (Juli 2023). Demokratie in Konfrontation mit Krieg, Klimawandel, Flucht und Inflation. Einstellungen zu Demokratie und die Verbreitung von Autokratieakzeptanz in Deutschland. https://www.jura.uni-hamburg.de/die-fakultaet/professuren/kriminologie/media/spotlight-no-7-uhh-giga-midint.pdf
„Menschen in Deutschland: International“: Ergebnisse aus der Zweiten Welle im Februar 2023.
Die zweite Welle der Online-Befragung „Menschen in Deutschland: International“ (MiDInt) fand vom 8. bis 22. Februar 2023 statt. Dabei wurden n=2 428 Personen erreicht, von denen verwertbare Daten vorliegen. Eine Überprüfung der soziodemographischen Merkmale der er-reichten Stichprobe zeigt, dass diese Ergebnisse für die deutschsprachige erwachsene Bevölkerung in Deutschland als annähernd repräsentativ einzustufen sind. Die Stichprobe der zweiten Erhebungswelle entspricht von ihrer Qualität her in weiten Teilen dem, was auch in der ersten Welle erreicht werden konnte. Insofern sind Vergleiche zu zeitlichen Veränderungen auf Grundlage dieser beiden Datenquellen ohne nennenswerte Verzerrungen möglich.
Für weitere Informationen zu der erreichten Stichprobe und zu dem in dieser Erhebungswelle verwendeten Befragungsinstrument siehe:
Kleinschnittger, J. , Farren, D., Brettfeld, K., Richter, T. & Wetzels, P. (2023). Menschen in Deutschland: International (MiDInt). Untersuchungsdesign, Stichprobe, Erhebungsinstrument und Codebuch zu Welle 2 (Feb. 2023). MOTRA-Forschungsbericht No. 8 aus dem Institut für Kriminologie an der Fakultät für Rechtswissenschaft. Hamburg: Universität Hamburg. https://doi.org/10.25592/uhhfdm.11836
Ergebnisse zum Thema Klimawandel: Besorgnisse wegen des Klimawandels, Einstellungen zu Klimaschutzmaßnahmen und Haltungen zu Gesetzesverstößen und zivilem Ungehorsam als Protestformen
Ähnlich wie in der ersten Erhebungswelle zu MiDInt äußerten auch im Februar 2023 etwa Dreiviertel der Befragten, also eine sehr große Mehrheit, klare Besorgnisse wegen des Klimawandels. Besonders ausgeprägt war dies unter jungen Menschen.
Ein ganz erheblicher Teil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer befürwortete angesichts dessen zum Teil sehr weitgehende Maßnahmen zum Klimaschutz, die mit erheblichen Einschränkungen, Eingriffen in individuelle Rechte oder finanziellen Aufwendungen verbunden sind: Für die dauerhafte Einführung eines 9 Euro Tickets sprachen sich 68% aus. 43% stimmten einem Tempolimit von maximal 100 km/h zu. 47.2% waren für ein Verbot von Inlandsflügen aus und 41,3% befürworteten sogar eine Enteignung ungenutzter landwirtschaftlicher Flächen zum Bau von Windkraftanlagen.
Gezielte Normverstöße als Protestformen, z.B. Straßenblockaden im Rahmen von Forderungen nach mehr Klimaschutz, wurden zwar von der Mehrheit abgelehnt. Mit etwa 10% fanden solche Aktionen aber bei einer recht substanziellen Minderheit auch Zustimmung. Bei jungen Menschen unter 40 Jahren ist diese Rate mit 17,4% mit Abstand am höchsten. Sich selbst an einen Baum anketten, um eine Baumaßnahme zu verhindern, fanden 16,8% der Gesamtbevölkerung richtig. Bei den jüngeren unter 40 war die Akzeptanz dessen mit 24,2% aber etwa doppelt so hoch wie bei Älteren (40-60 Jahre: 13,5%; 60 Jahre und älter: 10,3%).
Insgesamt zeigte sich damit zum Thema Klimawandel, Klimaschutz und Protesten zum Thema Klimakrise: Je jünger die Befragten sind, desto höher sind die Besorgnisse wegen des Klimawandels, desto größer ist die Bereitschaft eingriffsintensive und teilweise drastische Maßnahmen zum Schutz des Klimas mitzutragen und umso stärker ist die Akzeptanz von Gesetzesverstößen und zivilem Ungehorsam als Protestformen.
Für weitere Informationen zu diesen Ergebnissen siehe:
Brettfeld, K., Farren, D., Kleinschnittger, J., Richter, T. & Wetzels, P. (2023). Besorgnisse wegen der Folgen des Klimawandels, Akzeptanz von Maßnahmen zum Klimaschutz und Einstellungen zu Regelverletzung und zivilem Ungehorsam als Protestformen. MOTRA-Spotlight 04/23. Wiesbaden: BKA. https://doi.org/10.57671/motra-2023004
„Menschen in Deutschland: International“: Ergebnisse aus der Ersten Welle im November 2022
Die erste Welle der Online-Befragung „Menschen in Deutschland: International“ (MiDInt) fand zwischen dem 11. und 21. November 2022 statt. Insgesamt wurden 2 429 Personen erreicht, von denen verwertbare Angaben vorliegen. Eine Überprüfung der soziodemographischen Daten zeigt, dass die Ergebnisse die auf Basis dieser Stichprobe aus einem großen Online-Accesspanel ermittelt werden, für die erwachsene Bevölkerung in Deutschland annähernd repräsentativ sind.
Einstellungen zum Klimawandel und Meinungen zur Weltklimakonferenz
Eine der Fragestellungen der ersten Welle von MiDInt betraf Einstellungen zum Klimawandel und Meinungen zur 27. Weltklimakonferenz, die im November 2022 in Scharm El-Sheikh (Ägypten) stattfand, etwa zur gleichen Zeit wie die Befragung MiDInt.
Weit mehr als zwei Drittel der Befragten (77.4%) äußerten Besorgnisse über den weltweiten Klimawandel und dessen Folgen für ihren Alltag. Etwas über ein Drittel äußerte diesbezüglich sogar sehr große Besorgnisse (35.6%). Damit im Einklang sah auch die große Mehrheit der Befragten die Weltklimakonferenz als sehr wichtig an, „damit alle Länder wirklich etwas gegen den Klimawandel unternehmen“ (73.0%) oder weil diese „die Aufmerksamkeit der Politik für den Klimawandel“ stärke und dazu beitrage, die damit einhergehenden „Probleme ernsthaft anzugehen“ (70.2%).
Allerdings äußerten viele der Befragten zugleich auch eine ausgeprägte Skepsis, weil „…, da wird nur geredet und nachher passiert sowieso nichts“ (57.6%).
Darüber hinaus war festzustellen, dass ein relevanter Anteil der Befragten wissenschaftliche Studien, die einen Klimawandel belegen, für gefälscht hält (23.0%) oder die Existenz des Klimawandels ganz leugnet (17.8%). Die Leugnung des Klimawandels und skeptische Haltungen gegenüber wissenschaftlicher Forschung zu Klimaentwicklung und Klimafolgen waren überproportional häufig bei Menschen mit niedriger Bildung zu erkennen.
Zusammenfassend zeigte sich eine große Mehrheit der Menschen in Deutschland wegen der Klimakrise besorgt. Die weit überwiegende Mehrheit befürwortet auch die mit der 27. Weltklimakonferenz 2022 verfolgten Ziele. Allerdings lassen sich gleichzeitig auch im hohem Maße Zweifel und Skepsis bezüglich der tatsächlichen Umsetzung der auf internationaler Ebene beschlossenen Maßnahmen zur Begrenzung des Temperaturanstiegs erkennen. Dem könnte durch Aufklärung sowie durch eine transparente und glaubwürdige Darstellung der tatsächlichen Aktivitäten zum Klimaschutz entgegengetreten werden. Weiter zeigte sich bei einer durchaus relevanten Minderheit eine deutliche Wissenschaftsskepsis. Bei etwa einem Fünftel war auch eine Leugnung der Realität des Klimawandels zu erkennen. Bei Menschen mit niedriger Bildung war dies besonders gehäuft anzutreffen. Hier ist eine wichtige Zielgruppe für Aufklärung und Informationen zur Klimakrise zu sehen, die in geeigneter Weise offensiv angesprochen werden sollte.
Zu weiteren Informationen zu diesen Ergebnissen siehe Brettfeld, K., Kleinschnittger, J., Richter, T., Wetzels, P. (2023). Perspektiven auf die Klimakrise: Verbreitung von Sorgen wegen des Kimawandels und Einstellungen zur Weltklimakonferenz 2022. MOTRA Spotlight No. 3, online verfügbar unter: https://www.jura.uni-hamburg.de/die-fakultaet/professuren/kriminologie/media/spotlight-no3-uhh-midint-18012023.pdf
Einstellungen gegenüber Flüchtlingen und zu integrationsunterstützenden Maßnahmen für schutzsuchende, geflüchtete Menschen
Ein weiteres Thema von MiDInt betrifft die aktuellen Herausforderungen des vermehrten Zuzugs schutzsuchender, flüchtender Menschen nach Deutschland. Thematisiert wurden insoweit die Haltungen zu Flüchtlingen sowie Einstellungen in Bezug auf Maßnahmen zu deren Unterstützung und Integration.
Mit Blick auf die Einstellung zu Flüchtlingen äußerte eine deutliche Mehrheit (61.1%) die Ansicht, dass hierdurch vor allem Gewalttäter nach Deutschland kommen würden. 45% verbinden mit Flüchtlingen eine allgemeine Bedrohung ihrer Lebensweise und Werte. Die Auffassung, dass in Deutschland lebende Flüchtlinge unserer Wirtschaft mehr schaden, als dass sie nutzen, wird zwar von einer knappen Mehrheit abgelehnt, aber auch hier stimmen insgesamt 45% einer solchen negativen Wahrnehmung eher oder völlig zu.
Im Hinblick auf aktuell diskutierte Unterstützungs- und Integrationsmaßnahmen lehnten fast zwei Drittel (64.1% ) der Befragten eine schnellere Einbürgerung von Flüchtlingen ab. Nur 35.9% sprachen sich dafür aus. Gleichzeitig stimmten aber über drei Fünftel (61.3%) eher oder völlig der Aussage zu, dass die Schul- und Berufsabschlüsse von Flüchtlingen unbürokratischer anerkannt werden sollten. Nur 41.6% der Menschen in Deutschland gaben an es gut zu finden, wenn in ihrer Nachbarschaft Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt würde. Mit 58.4% lehnet dies eine klare Mehrheit ab.
Zusammenfassend zeigte sich recht deutlich, dass eine beachtliche Gruppe von Menschen in Deutschland negative Bewertungen des Zuzugs von Geflüchteten nach Deutschland äußert. Dieses hohe Niveau ablehnender Haltungen gegenüber Geflüchteten birgt ein erhebliches gesellschaftliches Konfliktpotenzial und sollte durch die politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsträger in geeigneter Form adressiert werden.
Zu dieser Frage der Effekte der öffentlichen Kommunikation gesellschaftlicher Entscheidungsträger über den Umgang mit Flüchtlingen konnte im Rahmen eines Befragungsexperimentes in der Studie MiDInt gezeigt werden, dass die explizite Betonung von positiven Aspekten des Zuzugs geflüchteter Menschen die Einstellungen der Befragten deutlich in Richtung auf eine erhöhte Akzeptanz von Flüchtlingen verschiebt. Dies gilt sowohl, wenn glaubhafte gesellschaftliche Institutionen und Entscheidungsträger die wirtschaftlichen Vorteile im Hinblick auf den Fachkräftemangel auf dem deutschen Arbeitsmarkt herausstellen, als auch bei einer Betonung einer menschenrechtlich-moralischen Verpflichtung zur Unterstützung schutzsuchender Menschen. In Verbindung mit einer optimistischen Haltung und Perspektive im Sinne der Fähigkeit unserer Gesellschaft, diese Leistungen auch zu vollbringen, erwiesen sich diese Aspekte als hoch wirksame Einflussfaktoren, die zu einer deutlichen Erhöhung der Akzeptanz von Flüchtlingen und ihrer Integration durch die Bevölkerung in Deutschland beizutragen vermögen.
Zu weiteren Informationen und detaillierteren Auswertungen siehe Richter, T., Kleinschnittger, J., Bretteld, K. & Wetzels, P. (2023). Bedrohung und Integration: Einstellungen zu Flüchtlingen in Deutschland. GIGA-Fokus Global: Nr. 1/2023. https://doi.org/10.57671/gfgl-23011
Einstellungen zu Protesten und Menschenrechtsverletzungen im Iran und deren Zusammenhänge mit Muslimfeindlichkeit in Deutschland
Im Rahmen der ersten Welle von MiDInt wurden auch Daten zur Wahrnehmung und Bewertung der Proteste und Menschenrechtsverletzungen im Iran durch die Bevölkerung in Deutschland erhoben und deren mögliche Ausstrahlungswirkungen auf Einstellungen zu Muslimen in Deutschland, insbesondere auf die Verbreitung von Muslimfeindlichkeit thematisiert.
Es zeigte sich, dass die Mehrheit der Bevölkerung (55,2%) eine Unterstützung der protestierenden Menschen im Iran durch Deutschland befürwortet. Noch mehr Menschen (etwa 2/3) sprechen sich für weitere Sanktionen gegen das iranische Regime aus (65,1%). Eine unbürokratische Aufnahme verfolgter Personen aus dem Iran findet im Vergleich dazu allerdings deutlich weniger Akzeptanz (49,1%). Insoweit bestätigt sich das auch aus den übrigen Analysen von MiDInt sowie aus anderen Studien bekannte Problem einer aktuell geringeren Akzeptanz des Zuzugs schutzsuchender Menschen nach Deutschland.
Weiter war, ebenfalls im Einklang mit anderen aktuellen Studien, festzustellen, dass muslimfeindliche Haltungen in Deutschland weit verbreitet sind. Sie finden sich bei etwa der Hälfte der Befragten (50,1%). Hier bestehen deutliche Zusammenhäng mit der Wahrnehmung und Bewertung der Proteste und Menschenrechtsverletzungen im Iran: Je stärker Personen die Vorgänge im Iran pauschalisierend als Bestätigung für eine Menschenrechts- und Demokratiefeindlichkeit des Islam insgesamt ansehen, desto höher ist auch ihre ablehnende Haltung gegenüber Muslimen in Deutschland. Zum anderen werden die Proteste im Iran aber auch als wachsendes Bestreben von Muslimen für individuelle Freiheitsrechte bewertet. Eine solche Sichtweise geht mit einer deutlichen Verringerung der Muslimfeindlichkeit einher. In der Summe lässt sich festhalten, dass die Vorgänge im Iran von der Bevölkerung sehr sensibel registriert werden. Die dortigen Ereignisse und deren Deutung erweisen sich damit als sehr bedeutsam und wirkungsmächtig mit Blick auf Radikalisierungsprozesse in Bezug auf die Verbreitung von Intoleranz und Muslimfeindlichkeit gegenüber in Deutschland lebenden Muslimen.